
Dieses Wochenende war dem Naturschutzgebiet La Sauge-Fanel-Marais nahe Cudrefin gewidmet. Unter kundiger Führung wollten wir die Gegend rechts und links der Dämme erkunden, Eisvogel, Limikolen, Enten aller Art und vieles mehr entdecken - eine Schatzsuche der besonderen Art. Die Herausforderung begann schon bei der Vorbereitung bzw. dem Packen. Geplant war ja, anreisen, Gepäck bei der Auberge de La Sauge zu deponieren und dann gleich los zu spazieren. Nahm man zu so einem Ausflug, Rollkoffer und Rucksack oder kleinen Rucksack in grossen Rucksack, zog man mit oder ohne Schirm los. Fragen über Fragen. Ich wollte ja nicht mit endlos viel Gepäck von Zug-Zug-Fussmarsch-Schiff-Fussmarsch unterwegs sein. Und sollte es regnen, nicht lange rumsuchen müssen. Also entschied ich mich, nur soviel mitzunehmen, dass Regenschutz, Feldstecher und Picknick im kleinen Rucksack Platz hatten und dieser wiederum im grossen, in welchem auch der Rest der "Ausrüstung" reinpassen musste.
Und los gings. Von Liestal nach Basel, wo ich auf den Rest des munteren Trupps stiess. Pünktlich um 9.28 Uhr fuhren wir los, via Olten gings nach Biel, Solothurn und Neuchâtel. Kurz vor Ankunft in Neuchâtel erreichte auch der Regen sein Ziel. Wir packten die Schirme und Regenjacken aus und marschierten los: Ziel der Hafen von Neuchâtel, wo wir aufs Schiff umsteigen wollten. Auch dieses kam pünktlich, wir waren immerhin nicht durchnässt und konnten ins geräumige Schiff umsteigen. Natürlich spähten wir schon nach den Möwen auf der Mole (jung und alte Lachmöwen). Das Schiff legte um 11.50 ab und nahm Kurs auf zum Kanal nach La Sauge. Wir genossen die Fahrt im Trockenen, unser Picknick und den Cappuccino. Eine halbe Stunde später passierten wir den Kanal und erreichten um halb eins den Steg beim BirdLife-Centre in La Sauge. Die Zimmer waren noch nicht parat - aber das war ja auch nicht der Plan. Wir deponierten unser Gepäck und schnappten unsere Tagesrucksäckli. Kurze Zeit später sassen wir im ersten Hide und spähten nach draussen. Was wir wohl zu sehen bekommen würden? Zwei Silberreiher, einer davon wohl noch ein junger, etwas kleiner als der andere, spazierten rund um den Weiher. Mitten drauf schwamm ein Zwergtaucher im strömenden Regen. Der Graureiher am anderen Ende steckte den Kopf unter die Flügel. Eine Graugans und zwei Stockenten sassen am Rande einer kleinen Insel, putzten sich und liessen den Regen Regen sein. Zwischendurch kam mal ein Kormoran angeflogen - und tatsächlich erschien ein Eisvogel, kurz danach sogar ein zweiter. Es war inzwischen 14 Uhr, und gemäss App von Tobias sollte es jetzt bald aufhören zu regnen. OK, so entschieden wir uns, zum anderen Hide rüber zu laufen und da nach Eisvögeln zu spähen. Wir sahen auch tatsächlich welche sowie einen Purpurreiher. Aber wir wollten ja noch weiter. So liefen wir gemütlich zum Hotel zurück, schnappten uns die Zimmerschlüssel und verräumten unser Gepäck. Um 15 Uhr trafen wir uns wieder und marschierten los in Richtung Damm. Es sollte knapp 2 Kilometer zum Ende gehen. Inzwischen hatte der Regen tatsächlich aufgehört und die Sonne blinzelte durch die Wolken. Die Stimmung war genial. Es war schon wieder warm, aber grad noch angenehm, und wir alle waren gut gelaunt. Wir genossen den Spaziergang, hörten allerlei Vögel, Bachstelze, Mönchsgrasmücke und viele mehr. Die Kormorane waren auch zu hunderten auf den Bäumen. Sah schon skurril aus, das Ganze. Kurz vor Ende des Damms entdeckten wir einen Flussuferläufer und drei Gebirgsstelzen, so cool. Graugänse, Gänsesäger, Löffelenten, Krickenten, Stockenten, unzählige Möwen und Flussseeschwalben waren unterwegs.
Die Stimmung war einfach herrlich, jetzt um kurz vor 16 Uhr hatte es noch leichte Wellen, die Sonne tanzte quasi auf dem Wasser. Wir löcherten Jean-Fred und Christoph mit unseren Fragen. Sie beide beantworteten geduldig alles. Um kurz nach 17 Uhr - es war inzwischen etwas ruhiger auf dem Wasser, die Vögel auch - entschieden wir, langsam zurück zu laufen. Wir wollten noch durch die Cariçaie, ein offenbar einzigartiges Gebiet, ein Schilfgürtel, der vom östlichen Ende des Neuenburgersees bis nach Yverdon führt. Ein ganz wichtiges Gebiet für zahlreiche Vogel- und andere Tierarten. Die seltenen Segge-Sänger seien ganz speziell darauf angewiesen, weil sie in den Randzonen zwischen Schilf und Wiese leben würden; wieder was gelernt. So liefen wir also langsam zurück. Die Stimmung wechselte erneut, nun war alles in ein spezielles Blau getaucht - so quasi wie die blaue Stunde, kurz vor der Dämmerung. Ich hätte noch stundenlang hier sitzen können. Es war einfach wunderschön, friedlich.
Nun denn, schon bald bogen wir in besagtes Gebiet ab und Christoph erklärte uns das alles, zeigte uns den Lungenenzian und erzählte uns die mir schon bekannte Geschichte vom grossen Wiesenknopf und die Symbiose mit dem Ameisenbläuling. Eine Weile später erreichten wir das Ende eines kleinen Waldstücks, in welchem wir Buntspecht hörten und Kleiber sahen - und versuchten, auf der Lichtung noch was zu sehen. War aber nichts los. So nahmen wir den Rest des Weges unter die Beine. Noch eine kleine Pause im Zimmer und schwupp war es 19 Uhr, Zeit für den gemeinsamen Apéro im Restaurant. Es wurde ein lustiger Abend mit vielen, spannenden Gesprächen, Anekdoten und Wissenswertem. Gemeinsam füllten wir die Artenliste der heutigen Sichtungen. Um kurz vor 22 Uhr schlossen wir die Runde. Am Sonntagmorgen wollten wir uns um halb acht zum Frühstück treffen. Um 9 Uhr sollte es dann auf der Fanel-Seite den Damm entlang zum anderen Hide gehen. Um 7.30 Uhr waren schon fast alle im Frühstücksraum versammelt. Das sind wirklich Frühaufsteher! Pünktlich um 9 Uhr starteten wir zur anderen Dammseite zu den Hides. Dort würden wir Sicht auf den See und die vorgelagerten Inseln haben. Auf der Rückseite des Hides lag ein weiterer kleiner Weiher und etwas weiter weg eine Lagune mit künstlichen Brutinseln für Flussseeschwalben. Wir genossen es, auf den Inseln vor uns allerlei Vögel zu beobachten. Die Kundigen unter uns diskutierten lange darüber, ob es sich nun um Rotschenkel, Wasserläufer oder sonst eine Limikole handelt. Daneben standen, schwammen und flogen div. Entenarten und Höckerschwäne. Auf der Rückseite liessen sich Eisvögel, Nachtreiher (jung und alt) und ein Teich-Rohrsänger (der kleinste) sehen. Bei dieser Gelegenheit lernten wir eine weitere Eselsbrücke zum Bestimmen: je grösser ein Sänger, je Drossel. Während all den Beobachtungen verlief die Zeit wie im Flug. Inzwischen war es schon kurz nach zwölf. Hinten am Juragebirgszug hingen schon die Wolken tief. Der Regen vom Nachmittag kündigte sich langsam an. Die Vögel störte es mitnichten. Plötzlich wie auf Kommando starten hunderte der Kormorane, flogen auf den See und reihten sich in einer Schlange ein und flogen ganz knapp über dem Wasser in Richtung Hafen von Cudrefin. DAS sah ja ganz speziell aus. Jean-Fred erklärte mir, dass das nur so aussehe, als würden sie hintereinander fliegen. Tatsächlich würden sie versetzt fliegen. Und knapp über dem Wasser, weil es dann windtechnisch besser und somit kräftesparender sei. Das sei vergleichbar mit Segelfliegen. OK, davon habe ich nun definitiv keine Ahnung. Aber eben, es hat wohl was mit Thermik etc. zu tun.
Christoph schlug vor, langsam zurückzugehen, dann könnten wir noch weiter ins hintere Fanel-Gebiet reinspazieren. Gesagt, getan. So liefen wir langsam zurück, während uns die dunklen Wolken folgten. Aber es sollte ja noch eine Weile dauern, bis der Regen kam, so Tobias. Unterwegs hörten und sahen wir allerlei. Mitten auf der Kuhweide in einem der abgesteckten kleinen Vierecke (mit angepflanzten Dornenbüschen für die Kleinvögel) entdeckten wir dann ein paar Schwarzkehlchen. So cool! Nach ein paar Minuten gings weiter. Wir hatten es fast bis zum Unterstand geschafft - und nebenbei noch einen Fuchs gesichtet - da fing es leicht zu tröpfeln an. Und schon standen wir im Trockenen und schauten dem Regenguss zu. Das vermochte unsere Laune nicht zu dämpfen. Es war irgendwie schön, so gemeinsam da zu stehen, den wechselnden Farben der Szenerie zu folgen und einfach nur zu warten, ohne Stress und Hektiv. Zwei Rabenkrähen sassen gemütlich im Regen auf einer Silberpappel, ein Graureiher stand mitten auf dem Acker. Eine Gruppe Stare flog rufend in den nahen Wald. Als der Regenschauer aufhörte, hiess es zu entscheiden, ob wir noch eine halbe Stunde Richtung Wald laufen wollten oder doch lieber direkt zur Auberge. Die Auberge gewann. So sassen wir alsbald vor einem Cappucchino und liessen das Erlebte Revue passieren.
Kurz vor drei stiessen auch die letzten zu uns; sie waren noch auf die andere Seite weitere Vögel sichten. Pünktlich um 15.10 Uhr stiegen wir ins Schiff, welches uns wieder zurück nach Neuchâtel brachte. Dort marschierten wir denselben Weg vom Samstag zurück zur Funi, hoch zum Bahnhof, wo auch bald der Zug nach Basel eintraf. In Biel blieben Christa und ich sitzen, während die anderen umstiegen. Wir mussten ja beide nur bis Liestal, so wäre es blöd gewesen, in Basel kehren zu müssen. Das war ein richtig schönes Wochenende in der Gruppe. Ich hatte es genossen und wieder viel gelernt. Das Wetter war wirklich zweitrangig. Ich denke sogar - auch rückblickend - dass es dank den Wetterwechseln viel abwechslungsreicher war als bloss in der heissen Sonne zu laufen.
Kommentar schreiben