
Heute sollte es hoch hinaus gehen - Lars, Roger und ich wollten auf die Fuorcla digl Leget und zum Lei Neir (auf 2711 Metern). Jacqueline hatte sich entschieden, zum Leg Grevasalvas zu laufen. Wir starteten mit dem Autobus ab Bivio zum Ospiz Julier Veduta. Wir hatten Glück, dass wir alle im Bus Platz hatten. Die meisten wollten offenbar dort aussteigen.
Die Schar der Wanderlustigen verteilte sich sehr schnell. Die eine Hälfte wandte sich in Richtung Leg Grevasalvas, die anderen, also auch wir, überquerten die Strasse und nahmen den steilen Anstieg zum Val d’Agnel unter die Füsse. Der Pfad sollte über knapp 600 Metern zur Fuorcla digl Leget führen. Es war imposant, wie sich um uns rum die Berge türmten – und der Puls anstieg. Der Weg führte lange einem Bach entlang, rechterhand grasten die Kühe, auf der linken Seite pfiffen die Murmeli. Und tatsächlich sahen wir in einem kleinen Teich zahlreiche Kaulquappen – und einen ausgewachsenen Frosch. Und weiter gings. Von der afrikanischen Erdplatte in Richtung Thetys (wie die Beschreibung besagte). Es war unglaublich schön, die Sonne war auch schon am Start! Im Tal kam dann irgendwann die Abzweigung, für uns der Moment, die Richtung zu wechseln, nämlich zur Fuorcla digl Leget. Es ging nochmals einen sehr steilen Weg über Stock und Stein, vorallem über Stein. Hier war wirklich Achtsamkeit geboten, auch wenn die Alpenflora nicht minder beeindruckend war als die Felsen und die Steinschichten, die von der Erdgeschichte erzählten.
Aber auch diese erneute Herausforderung war bald gemeistert und wir fanden uns auf einer ersten Plattform auf 2662 Metern. Die Fernsicht auf mehrere Bergketten war einfach unglaublich! Wir konnten uns kaum sattsehen. Ganz hinten waren sogar die schneebedeckten Gipfel zu erkennen. Bloss kannten wir keinen dieser Berge; müsste ich auf der Karte nochmals genauer nachschauen – und hier nachtragen. Und auf der anderen Seite war zu sehen, wo wir noch hin(auf) mussten. Da lagen die letzten Höhenmeter quasi in Stein gehauen vor uns. Also nochmals ein paar Meter runter, um gleich wieder den letzten Steilhang hinaufzukraxeln (also ich). Aber die Belohnung war unglaublich! Vor uns lag der Lei Neir. Und dahinter wiederum eine traumhafte Aussicht auf weitere Bergketten. Es war einfach irre! Wir liefen in die Senke, in welcher der See lag und gönnten uns im sonnigen Windschatten unsere etwas verfrühte Mittagspause. Nebenbei genossen wir den Blick auf das Wasser und auch die unterschiedlichen Gesteinsarten. Es wäre schon spannend zu wissen, was das alles ist. Frisch gestärkt liefen wir zur Anhöhe, um gleich danach einen wieder mal anspruchsvollen Abstieg zu bewältigen. Offenbar war diese Wanderung eine Etappe der Exploratour.
Der Wanderweg schlängelte sich einen steilen Abhang hinunter. Der Boden bestand aus meist feinstem Gesteinskies, was den Abstieg wirklich tricky machte. Hier nutzte ich doch mal meine Wanderstöcke. Ich verliess mich zwar auf meine Füsse, wollte aber trotzdem versuchen, die Stöcke als Sicherheit zu nutzen. Es ging alles gut und schon bald liefen wir auf festerem Gestein und die Wanderstöcke kamen wieder in den Rucksack. Der weitere Wanderweg führte nun quasi durch einen Bach den Berg hinunter. Das Gestein bestand aus Schiefer – oder was auch immer – in gefühlt allen Farben, von grün über orange, grau bis violett. Zum Glück waren die Wanderweg-Zeichen immer mal wieder zu sehen, denn so konnte man von Steinplatte zu Steinplatten laufen/springen, um dieses gefühlte Tal runter zu wandern. Ein Blick zurück auf den Hang zeigte uns, wie steil der wirklich war. Nun ging es in etwas weniger steilen Schlangenlinien über die Bergweiden hinunter. Die Alpenflora wechselte in ihrer Zusammensetzung, war aber weiterhin unglaublich vielfältig und ihren Farben unglaublich schön. Links von uns gurgelte immer noch der Bach und rechts thronten die Bergkuppen. Nach einer Weile gabelte sich der Weg.
Geradeaus ging es zur Alp Flix, wir aber wählten den linken, welcher uns zur Alp Natons führte. Unterwegs sahen wir noch Murmelis und einige Bergpieper, so cool! Bei der Alp Natons fanden wir uns wieder auf dem altbekannten Weg nach Bivio runter. Wir liefen entspannt auf dem Wurzelpfad durch den lichten Tannenwald bis zur Julia. Dort nahmen Roger und Lars wie schon letztes Jahr ein Bad. Der Fluss war zwar um einiges kälter als letztes Jahr, aber Spass machte es ihnen trotzdem. Damit ging eine wunderbare, unglaublich schöne Wanderung zu Ende. Anstrengend, aber jeden Meter der 12 Kilometer wert!
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